Sepp-Gustav Gröschel, Antike Spolien aus der Sammlung des Prinzen Carl von Preußen in Glienicke (Potsdam 2023). Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Bestandskataloge der Kunstsammlungen, Antiken II

Sepp-Gustav Gröschel, Antike Spolien aus der Sammlung des Prinzen Carl von Preußen in Glienicke (Potsdam 2023). Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Bestandskataloge der Kunstsammlungen, Antiken II

Für seinen Sommersitz in Klein-Glienicke im heutigen Berliner Stadtbezirk Steglitz-Zehlendorf, direkt an der Glienicker Brücke nach Potsdam, trug Prinz Carl von Preußen (1801-1883) eine der reichsten fürstlichen Privatsammlungen des 19. Jahrhunderts in Deutschland zusammen. Viele der antiken Objekte, aber auch Antikenkopien oder -nachahmungen, wurden als Garten- und Brunnenfiguren aufgestellt oder rein dekorativ im Gartenhof des Schlosses, im und am Casino sowie in bzw. an der Kleinen Neugierde, einem Teepavillon, als Wand- oder Bodenschmuck eingelassen. Weitere Stücke, wie die auf der Wiese im Pleasureground gruppierten Architekturfragmente, bilden einen malerischen Akzent in dem von Peter Joseph Lenné (1789-1866) gestalteten Landschaftsgarten. Die Bildwerke gehören somit zu wesentlichen Gestaltungselementen des Schloss- und Gartenensembles, das als eines der wertvollsten Zeugnisse für die gestalterische Auseinandersetzung mit der Antike durch den Bauherrn und die beteiligten Baumeister Karl Friedrich Schinkel (1781-1841), Ludwig Persius (1803-1845) und Ferdinand von Arnim (1814-1866) gilt.

Berlin, Schloss Glienicke, Südwand mit der typischen, dekorativen Anordnung der antiken Spolien. Foto: SPSG, Daniel Lindner, 2019.

Kenntnisse über Kunst und die Antike erhielt der junge Prinz Carl durch den Unterricht bei Aloys Hirt (1759-1837). Mit dessen Schriften bereitete er sich auf seine erste Italien-Reise 1822/23 mit seinem Vater König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770-1840) und Bruder Prinz Wilhelm (1797-1888) vor. Die Leidenschaft für das Sammeln jedoch weckte in ihm sein Erzieher Johann Heinrich Carl Freiherr von Menu (1772-1846), ab 1820 von Minutoli, der selbst Ausgrabungen durchführte. Dabei sammelte Prinz Carl nicht nur Antiken, sondern auch Kunstwerke des Mittelalters und der Renaissance, vor allem aber Waffen.

Nach dem Erwerb des Gutes Glienicke am 1. Mai 1824 und mit dem Wunsch, dort eine an Italien erinnernde Sehnsuchtslandschaft zu formen, wuchs beim Prinzen Carl das Interesse an der Antike. Beispiele für Zitate des klassischen Altertums sind die fünf Bogenöffnungen in der Fassade der Wagenremise am Schloss, die auf das Agoranomion in Athen verweisen, oder die Große Neugierde, ein Aussichtspavillon nahe der Glienicker Brücke, der sich auf das Athene-Monument des Lysikrates bezieht. Es ging dem Prinzen Carl und seinem Baumeister Schinkel jedoch nicht darum, die Antike einfach nur wiederzugeben, sondern im „Geist der Antike“ zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise das Plinius-Beet mit der Statue der Eilenden Artemis in der Nähe des Casinos oder das Stibadium beim Schloss, das den Blick von der Villa Medici auf den Petersdom in Rom (hier auf die Nikolaikirche in Potsdam) evoziert.

Erst im Jahre 1841 bereiste der Prinz erneut Italien. Seit dieser Zeit änderte sich die Einstellung zu seiner Antikensammlung. Er kaufte wertvolle Skulpturen an, wie den Kopf der Athena vom Typus Rospigliosi (heute in Basel, Antikenmuseum) oder die Muse Vescuvali, die sich noch heute im Casino befindet. In diesem Gebäude am Ufer der Havel konzentrierte Carl seine kostbarsten Antikenerwerbungen.

1877 tätigte Prinz Carl letztmalig einen sehr großen Ankauf von Antiken. Möglicherweise entstand damals das pompejianische Gärtchen an der Ostwand des Casinos, dessen überreiche, dichte Ausgestaltung mit Statuen, Büsten und Architekturfragmenten nur durch ein historisches Foto von Robert Scholz aus dieser Zeit (SPSG, GK II (17) NL Cerrini, o. Nr.) überliefert ist. Die Aufstellung dieser Stücke in einem architektonisch und malerisch gestalteten Wandfeld sowie auf der Rücklehne und in der Umgebung einer Marmorbank zeigt beispielhaft, dass die Sammlung des Prinzen Carl im Wesentlichen nicht nach wissenschaftlichen Kriterien präsentiert worden war, sondern als Teil eines Ensembles mit Bezügen zur Antike in einer von italienischer Formensprache geprägten Umgebung.

Auch wenn der Antiken-Bestand vor und nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich reduziert worden ist, zählt der Online-Bestandskatalog noch 457 Objekte der Glienicker Antikensammlung auf. Sie wurden durch den Hauptverfasser Dr. Sepp-Gustav Gröschel in elf Gruppen unterteilt: Rundplastik, Reliefs, Grabaren/Ascheurnen, Sarkophage, Steingeräte/-gefäße, Architektur, Mosaike, Wandmalerei, Inschriften, antikisierende Objekte sowie ehemals in Glienicke, heute an anderen Orten befindliche Werke, und werden nun – erstmals vollständig erschlossen und mit aktuellen Abbildungen (SPSG, Lindner u.a.) versehen – vorgelegt.

In der Spätphase der Fertigstellung der einzelnen Katalognummern haben insbesondere drei Fachkollegen das Projekt unterstützt: Dr. Veit Vaelske, Berlin, auf den Gebieten der lateinischen Epigraphik, Ägyptologie und Nachantike, Dr. Sebastian Prignitz, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, für das Gebiet der griechischen Epigraphik. Daniela Siegel, Augsburg, hat die wissenschaftlichen Texte zu den Objekten vor Ort auf Stimmigkeit überprüft.

Katalog

Rundplastik (56 Entries)
Reliefs (48 Entries)
Grabaren/Ascheurnen (11 Entries)
Sarkophage (164 Entries)
Steingefäße/Steingeräte (18 Entries)
Architekturteile (136 Entries)
Mosaik (15 Entries)
Wandmalerei (9 Entries)
Inschriften (63 Entries)
Antikisierend (61 Entries)
Ehemals Glienicke (47 Entries)

Hinweise zur Katalognutzung

Sie haben von dieser Startseite aus drei Möglichkeiten, um zu den katalogisierten Objekten und Bildern zu gelangen.

  • Wenn Sie rechts oben unter "Suche in den Daten des Projekts" auf "Alle Datensätze anzeigen" klicken, gelangen Sie zu einer Ergebnisansicht, in der alle von S.-G. Gröschel untersuchten Objekte angezeigt werden. In dieser Ergebnisansicht können Sie die Objekte nach bestimmten Kriterien (z.B. Abbildung(en) vorhanden) weiter filtern und das Ergebnis in Form einer Kachel-, Listen-, oder Kartenansicht darstellen. Sie können die Ergebnisse auch schon direkt über das Suchfeld "Projekt durchsuchen" filtern.
  • Sie können außerdem über die oben eingeblendete Katalogansicht gezielt innerhalb des ikonographisch strukturierten Kataloges navigieren. Durch Klicken auf ein Ordnersymbol werden die untergeordneten Katalogdatensätze dargestellt. Zudem können Sie über das Lupensymbol rechts stets alle diesem Ordner untergeordneten Datensätze in der Ergebnisansicht anzeigen lassen.
  • Über den oben aufgeführten Link "Zur Katalogansicht" gelangen Sie zu einer Gesamtansicht des Kataloges. Dort können Sie auf der linken Seite durch die Katalogstruktur navigieren. Wenn Sie dort einen Katalogeintrag anklicken, wird rechts davon der entsprechende Katalogtext von S.-G. Gröschel, der zugehörige Arachne-Datensatz sowie das Bildmaterial eingeblendet.

Mitwirkende Personen

Redaktion (SPSG): Carsten Dilba

Datenintegration: Ramona Rütt

Technische Beratung (DAI): Marcel Riedel

Förderung und Kooperation

Das Projekt wurde durch die Reinhold und Elisabeth Schulze-Stiftung gefördert.

Licensed under Creative Commons
Imprint |  Privacy  |  Report bugs to idai.objects@dainst.de
v1.0.3 (build #402)