Für seinen Sommersitz in Klein-Glienicke im heutigen Berliner Stadtbezirk Steglitz-Zehlendorf, direkt an
der Glienicker Brücke nach Potsdam, trug Prinz Carl von Preußen (1801-1883) eine der reichsten
fürstlichen Privatsammlungen des 19. Jahrhunderts in Deutschland zusammen. Viele der antiken Objekte,
aber auch Antikenkopien oder -nachahmungen, wurden als Garten- und Brunnenfiguren aufgestellt oder rein
dekorativ im Gartenhof des Schlosses, im und am Casino sowie in bzw. an der Kleinen Neugierde, einem
Teepavillon, als Wand- oder Bodenschmuck eingelassen. Weitere Stücke, wie die auf der Wiese im
Pleasureground gruppierten Architekturfragmente, bilden einen malerischen Akzent in dem von Peter Joseph
Lenné (1789-1866) gestalteten Landschaftsgarten. Die Bildwerke gehören somit zu wesentlichen
Gestaltungselementen des Schloss- und Gartenensembles, das als eines der wertvollsten Zeugnisse für die
gestalterische Auseinandersetzung mit der Antike durch den Bauherrn und die beteiligten Baumeister Karl
Friedrich Schinkel (1781-1841), Ludwig Persius (1803-1845) und Ferdinand von Arnim (1814-1866) gilt.
Berlin, Schloss Glienicke, Südwand mit der typischen, dekorativen Anordnung der antiken Spolien. Foto: SPSG, Daniel Lindner, 2019.
Kenntnisse über Kunst und die Antike erhielt der junge Prinz Carl durch den Unterricht bei Aloys Hirt
(1759-1837). Mit dessen Schriften bereitete er sich auf seine erste Italien-Reise 1822/23 mit seinem
Vater König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770-1840) und Bruder Prinz Wilhelm (1797-1888) vor. Die
Leidenschaft für das Sammeln jedoch weckte in ihm sein Erzieher Johann Heinrich Carl Freiherr von Menu
(1772-1846), ab 1820 von Minutoli, der selbst Ausgrabungen durchführte. Dabei sammelte Prinz Carl nicht
nur Antiken, sondern auch Kunstwerke des Mittelalters und der Renaissance, vor allem aber Waffen.
Nach dem Erwerb des Gutes Glienicke am 1. Mai 1824 und mit dem Wunsch, dort eine an Italien erinnernde
Sehnsuchtslandschaft zu formen, wuchs beim Prinzen Carl das Interesse an der Antike. Beispiele für
Zitate des klassischen Altertums sind die fünf Bogenöffnungen in der Fassade der Wagenremise am Schloss,
die auf das Agoranomion in Athen verweisen, oder die Große Neugierde, ein Aussichtspavillon nahe der
Glienicker Brücke, der sich auf das Athene-Monument des Lysikrates bezieht. Es ging dem Prinzen Carl und
seinem Baumeister Schinkel jedoch nicht darum, die Antike einfach nur wiederzugeben, sondern im „Geist
der Antike“ zu gestalten. Dazu gehören beispielsweise das Plinius-Beet mit der Statue der Eilenden
Artemis in der Nähe des Casinos oder das Stibadium beim Schloss, das den Blick von der Villa Medici auf
den Petersdom in Rom (hier auf die Nikolaikirche in Potsdam) evoziert.
Erst im Jahre 1841 bereiste der Prinz erneut Italien. Seit dieser Zeit änderte sich die Einstellung zu
seiner Antikensammlung. Er kaufte wertvolle Skulpturen an, wie den Kopf der Athena vom Typus Rospigliosi
(heute in Basel, Antikenmuseum) oder die Muse Vescuvali, die sich noch heute im Casino befindet. In
diesem Gebäude am Ufer der Havel konzentrierte Carl seine kostbarsten Antikenerwerbungen.
1877 tätigte Prinz Carl letztmalig einen sehr großen Ankauf von Antiken. Möglicherweise entstand damals
das pompejianische Gärtchen an der Ostwand des Casinos, dessen überreiche, dichte Ausgestaltung mit
Statuen, Büsten und Architekturfragmenten nur durch ein historisches Foto von Robert Scholz aus dieser
Zeit (SPSG, GK II (17) NL Cerrini, o. Nr.) überliefert ist. Die Aufstellung dieser Stücke in einem
architektonisch und malerisch gestalteten Wandfeld sowie auf der Rücklehne und in der Umgebung einer
Marmorbank zeigt beispielhaft, dass die Sammlung des Prinzen Carl im Wesentlichen nicht nach
wissenschaftlichen Kriterien präsentiert worden war, sondern als Teil eines Ensembles mit Bezügen zur
Antike in einer von italienischer Formensprache geprägten Umgebung.
Auch wenn der Antiken-Bestand vor und nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich reduziert worden ist, zählt der
Online-Bestandskatalog noch 457 Objekte der Glienicker Antikensammlung auf. Sie wurden durch den
Hauptverfasser Dr. Sepp-Gustav Gröschel in elf Gruppen unterteilt: Rundplastik, Reliefs,
Grabaren/Ascheurnen, Sarkophage, Steingeräte/-gefäße, Architektur, Mosaike, Wandmalerei, Inschriften,
antikisierende Objekte sowie ehemals in Glienicke, heute an anderen Orten befindliche Werke, und werden
nun – erstmals vollständig erschlossen und mit aktuellen Abbildungen (SPSG, Lindner u.a.) versehen –
vorgelegt.
In der Spätphase der Fertigstellung der einzelnen Katalognummern haben insbesondere drei Fachkollegen das
Projekt unterstützt: Dr. Veit Vaelske, Berlin, auf den Gebieten der lateinischen Epigraphik, Ägyptologie
und Nachantike, Dr. Sebastian Prignitz, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, für das Gebiet
der griechischen Epigraphik. Daniela Siegel, Augsburg, hat die wissenschaftlichen Texte zu den Objekten
vor Ort auf Stimmigkeit überprüft.
Katalog
Grabaren/Ascheurnen
(11 Entries)
Steingefäße/Steingeräte
(18 Entries)
Architekturteile
(136 Entries)
Antikisierend
(61 Entries)
Ehemals Glienicke
(47 Entries)
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Gröschel, der zugehörige Arachne-Datensatz sowie das Bildmaterial eingeblendet.
Mitwirkende Personen
Redaktion (SPSG): Carsten Dilba
Datenintegration: Ramona Rütt
Technische Beratung (DAI): Marcel Riedel
Förderung und Kooperation
Das Projekt wurde durch die Reinhold und Elisabeth Schulze-Stiftung gefördert.